Arabohaflinger Pico
Wenn altersbedingte Steifheiten die Gymnastizierung erschweren und man der schwächer gewordenen Rückenmuskulatur nicht mehr permanent das Reitergewicht zumuten möchte, ist Wandern eine wunderbare Möglichkeit, ältere Pferde körperlich und mental fit zu halten.

Oft sind erste kleine Arthrosen die Ursache für eine abnehmende Beweglichkeit, und dann ist es umso wichtiger, den Bewegungsapparat durch regelmäßige, aber schonende Aktivität zu unterstützen. Herumstehen ist Gift (es sei denn, akute Verletzungen oder andere medizinische Gründe zwingen dazu), und nicht umsonst heißt es im Volksmund: Wer rastet, der rostet. Das gilt in besonderem Maße natürlich gerade für das Lauftier Pferd.

In diesem Artikel habe ich in subjektiver Auswahl und willkürlicher Reihenfolge einige Aspekte zusammengefasst, die ich für relevant halte. Vieles gilt genauso für junge Pferde – mit zunehmendem Alter wird es aber natürlich immer noch wichtiger, darauf zu achten, dass keine »Fehltritte« passieren. Dort, wo der jüngere Organismus vielleicht noch kompensieren kann, ist der ältere eventuell bereits überfordert und Folgeschäden lassen sich dann kaum vermeiden.

Unsere Situation

Das Bild oben zeigt Arabohaflinger Pico mit knapp 29 Jahren. Wir haben riesiges Glück: So jugendlich, wie er aussieht, fühlt sich Pico offenbar auch und trotz seines fortgeschrittenen Alters ist er ein fröhliches und bewegungsfreudiges Pferd.

Dennoch hat sich in den letzten Jahren ganz schleichend einiges verändert: Die ersten Zipperlein sind da und natürlich mache ich mir als treusorgende »Pferdemama« viele Gedanken, wie ich Pico abwechslungsreich und gesunderhaltend bewegen und alle seine Bedürfnisse erfüllen kann.

Pico will laufen! Sein Leben lang war er ein fleißiges und bewegungsfreudiges Pferd und das hat sich im Alter kaum geändert. Umso mehr fordert mich die Aufgabe, seinen Bewegungsdrang in vernünftige Bahnen zu lenken. Vor wenigen Wochen wurde die Diagnose Spat im Anfangsstadium gestellt – mit anderen Worten: Pico hat leichte arthrotische Veränderungen in den Sprunggelenken. Er ist schmerzfrei, läuft sauber und gerne, aber manchmal hebt er die Hinterbeine nur wenig. Natürlich wird er umfassend tiermedizinisch betreut und auch medikamentös unterstützt und so stehen laut Aussage der behandelnden Tierärzte die Chancen zum Glück gut, dass wir mit diesem Befund ohne größere Probleme durch die nächsten Jahre kommen werden. Viel Bewegung bergauf und bergab wurde uns ausdrücklich verordnet, daher mussten wir an unserem bisherigen Bewegungsprofil gar nichts ändern. Aber natürlich wandert das Wissen um die Erkrankung mit und ich überlege grundsätzlich zweimal, ob das, was wir gerade tun, gut und richtig ist für Pico.

Aufgrund einer Staubempfindlichkeit haben wir unser Training schon vor Jahren recht konsequent nach draußen verlegt: Viel Bewegung an frischer Luft ist auch gut für die Lunge und so ist Wandern einfach ideal für uns. Nur auf der Koppel herumstehen mag Pico übrigens gar nicht. Er ist äußerst wach und neugierig und hat viel Spaß daran, die Welt zu erkunden. Mit einem zusätzlichen Programm aus Zirkuslektionen, Boden- und Handarbeit versuche ich außerdem, Abwechslung in unseren Alltag zu bringen. Auch Reiten hat der Tierarzt explizit erlaubt und so sitze ich ab und an auch auf dem Pferd. Immer nur kurze Einheiten – aber Pico und ich haben gleichermaßen Freude daran. Wandern per pedes ist seit einiger Zeit aber definitiv unsere Hauptbeschäftigung und so soll es in diesem Artikel auch vorrangig um Aspekte gehen, die damit zusammenhängen.

Pico mit 11 Jahren
Zum Vergleich: Pico mit jugendlichen 11 Jahren kurz nach dem Kauf. Der Araber in ihm ist unverkennber und lässt ihn auch heute oft noch ein echtes Temperamentsbündel sein.

Veränderungen

Die Dinge verändern sich und was gestern noch richtig und gut war, kann heute eventuell schon nicht mehr passen. Daher ist es wichtg, hinzuschhauen, zu beobachten und sich täglich neu auf das älter werdende Pferd einzustellen. Erwartungshaltung sollte man definitv keine haben: Was geht und offenbar Freude macht, ist schön, aber wenn es nicht mehr geht, ist es auch okay. Natürlich gilt es, zu hinterfragen, wo die Ursache für Veränderungen liegt und ob körperliche Einschränkungen bestehen, die man auskurieren kann; prinzipiell muss man sich aber darauf einstellen, dass der Senior zunehmend andere Bedürfnisse haben wird und sich das Bewegungsprofil peu à peu ändert.

Medizinische Betreuung

Wenn man sein Pferd regelmäßig dem Tierarzt vorstellt, hat man beste Chancen, nichts zu übersehen – und je frühzeitiger eine Diagnose gestellt wird, umso größer ist die Chance auf Heilung oder zumindest Stabilisierung einer Erkrankung. Für den Laien kann es beispielsweise sehr schwierig sein, vorhandene kleine Steifheiten von einer sich neu entwickelnden Lahmheit abzugrenzen. Hier braucht es unter Umständen auch bildgebende Verfahren, in jedem Fall aber einen professionellen Blick. Wann immer sich etwas ändert, ist es sicherlich nicht verkehrt, zweimal hinzuschauen. Oft äußern sich körperliche Probleme zu Beginn recht unspezifisch und können daher leicht übersehen oder fehlgedeutet werden. Verhaltensänderungen oder auch kleinere Widersetzlichkeiten sind oft ein wichtiger Hinweis, dass etwas nicht passt. Ist das Pferd hampelig beim Hufeauskratzen, so sind nicht immer ausschließlich die nervig herumschwirrenden Fliegen schuld – genauso gut kann es sein, dass das Pferd Schmerzen hat, die Beine zu heben. Natürlich sollte man sich nicht verrückt machen und hypochondergleich überall Erkrankungen wittern; gerade beim älteren Organismus wird es aber immer wahrscheinlicher, dass sich Zipperlein einstellen und so schadet es nicht, einen wachsamen Blick zu haben. In jedem Fall gehört das Bewegungsprogramm spätestens dann, wenn Grunderkrankungen vorliegen, mit Fachleuten abgesprochen. Einstellungen wie »Der Tierarzt hat das Reiten zwar verboten, aber ich wiege ja nicht viel« können fatale Folgen für ein Pferd haben und es ist traurig, wie oft man sieht, dass die Empfehlung des behandelnden Arztes ignoriert wird und ein Pferd ganz offensichtlich Schäden davon trägt.

Gründliches Aufwärmen

Kaltstarts sind nie gut – im Alter sind sie absolut tabu! Auch der Offenstaller, der sich prinzipiell den ganzen Tag frei bewegen könnte, steht manchmal stundenlang an einem Fleck und ältere Pferde, die viel dösen, sind oft besonders inaktiv. Spätestens nach dem Herrichten am Putzplatz ist die Muskulatur dann »kalt«. Wir beginnen daher immer sehr soft und die ersten Trabreprisen legen wir grundsätzlich erst ein, wenn wir uns alle gründlich aufgewärmt haben. Hierfür geeignete Böden zu wählen, ist logischerweise die nächste Aufgabe.

Beobachten

Unsicherheiten, ungelenke Bewegungsabläufe, übereiltes Tempo oder auch untertouriges Laufen, Stolpern, ungewohnte Schreckhaftigkeit oder gar Widersetzlichkeiten: Es gibt viele Indizien dafür, dass ein Pferd in bestimmten Situationen körperlich oder mental überfordert ist und wer seinem Pferd zuhört, kann vieles erkennen. Vor allem bei Verhaltensänderungen sollte man hellhörig werden. Wichtig ist, die Ursache herauszufinden, um fundiert entscheiden zu können, was richtig ist. Vieles kann man schonend üben, sofern die körperlichen Voraussetzungen gegeben sind, bei manchen Erkrankungen geht das ab einem gewissen Punkt aber nicht mehr und bestimme Situationen müssen dann vermieden werden. Dass prinzipiell nichts erzwungen wird, sollte selbstverständlich sein.

Trainingszustand

Pico ist gerne lange unterwegs und hat immer noch einen bemerkenswerten Bewegungsdrang. Müde ist er auch nach mehreren Stunden im Hügelland nicht. Oft sind ältere Pferde aber nicht mehr so leistungsfähig und selbstverständlich muss man seine Wegstrecken in Länge und Verlauf dem individuellen Trainingszustand anpassen und ausreichend Pausen einplanen. Wichtig ist, konstant in Bewegung zu bleiben: Mammut-Touren nach längeren Trainingspausen sind ein absolutes No-go – lieber läuft man täglich 5 km, als einmal in der Woche 35! Zudem muss natürlich der Schwierigkeitsrad des Geländes dem Trainingszustand entsprechen. Gerade Steigungen zehren ordentlich an den Kräften, genauso wie rutschige Böden, grobschottrige Böden, Hindernisse oder felsiges Areal. Nicht zu vergessen ist die mentale Komponente: Eine Wegstrecke mit viel Unbekanntem kann sehr anstrengend für ein Pferd sein und Heckenmonster & Co. sollten regelmäßig geübt werden.

Herdenzusammenstellung

Manchmal hat ein Müde-werden des Seniors auch nur indirekt körperliche Ursachen: Ältere Pferde rutschen oft deutlich zurück in der Rangordnung und sind dann in größeren, dynamischen Gruppen eventuell nicht mehr gut aufgehoben. Ewiges Gerangel und Rangordnungskämpfe, aber auch ungestümes Spiel tobender Jungspunde können ein älteres Pferd sehr anstrengen. Spätestens, wenn der Senior nicht mehr uneingeschränkt seinen Platz an der Heuraufe findet, unfreiwillig im Regen steht oder sich zum Schlafen nicht mehr ablegt, ist es an der Zeit, Herdenzusammenstellung und Haltungsbedingungen zu hinterfragen. Gerade das ältere Pferd hat meist ein größeres Ruhebedürfnis und braucht ausreichend Regeneratiosphasen. Bei uns ist diesbezüglich alles sehr entspannt: Pico und Monty sind ein eingespieltes Team und dicke Freunde. Hier kommt keiner zu kurz, weder der »Kleine« noch der »Alte«. Und so ist Pico immer gut ausgeruht und fit für schöne Wanderungen.

Gemeinsames Dösen in der Weidehütte
Gemeinsames Dösen in der Weidehütte

Futterpausen, Zwischenstopps und Unterkünfte

Pico war immer schon schlank, dennoch mussten wir in jüngeren Jahren ein bisschen auf die Figur achten. Das hat sich mittlerweile gewandelt – wie viele Senioren ist auch Pico etwas schwerfuttrig geworden und obwohl er immer noch top Zähne hat, wird das Futter offenbar nicht mehr ideal verwertet. Mit zunehmendem Alter verändert sich der Stoffwechsel und entsprechend hat das ältere Pferd einen anderen Bedarf. Findet der Tierarzt keine spezielle Ursache für eine beginnende Schwerfuttrigkeit, kann er dennoch gute Tipps zum »Auffüttern« geben. Ergänzend kann auch eine (unabhängige) Futterberatung hilfreich sein.

Auf Wanderungen gilt es natürlich zu verhindern, dass das Pferd abnimmt! Pico frisst gut und gerne, aber noch lieber läuft er und so ist es meine Aufgabe, einen vernünftigen Rahmen vorzugeben. Grundsätzlich achte ich darauf, unterwegs ausreichend Fresspausen einzulegen – der kleine, immer hungrige Monty erinnert mich zur Not gerne daran! Etwas Proviant für die Pferde habe ich übrigens prinzipiell dabei – mich ausschließlich auf günstige Gelegenheiten zum Grasen am Wegesrand zu verlassen, finde ich riskant. Und natürlich vermeiden wir allzu kräftezehrende Touren, die es schwer machen, ausreichend Energie zuzuführen!

Bei einer Einkehr oder Übernachtung in Unterkünften empfiehlt es sich, im Vorfeld sehr konkret nachzufragen, welche Verpflegung das Pferd erwarten wird. Vor Jahren waren wir auf einem Sternritt zu unserem Entsetzen damit konfrontiert, dass es in unserer Unterkunft ausschließlich sehr feuchte Heulage und Gerste gab – Futter, dass ich Pico im Normalfall nie gegeben hätte und das er natürlich überhaupt nicht gewohnt war. Meine saloppen Worte bei der Anmeldung »Wir brauchen nichts Besonderes, Heu und Hafer reichen völlig« waren leider so gedeutet worden, dass wir mit allem zufrieden wären, was es gäbe.

Immer wieder hat sich gezeigt, dass die Vorstellung, wie gutes Futter auszusehen hat, in verschiedenen Ställen sehr unterschiedlich sein kann und es lohnt sich, exakt zu formulieren, was man möchte! Kommt man abends oder am Wochenende in einem Domizil an, besteht oft keine Möglichkeit, anderes Futter zu besorgen und man muss dann mit dem leben, was da ist! Pico hat damals übrigens die abrupte Futterumstellung zu meiner Erleichterung bestens weggesteckt, wohl war mir bei der Sache aber gar nicht …

Wenn man auf mehrtägigen Touren von Stall zu Stall wandert, sind mehrfache Futterumstellungen kaum zu vermeiden und einschleichen kann man anderes Futter dann leider nicht. Heu kann extrem unterschiedliche Beschaffenheit haben und von grobstängeligem Klee-Heu bis hin zu in Ein-Zentimeter-Stückchen eines thermisch behandelten Kurzheus haben wir schon alles gesehen. Hinzu kommen Probleme mit schlechter Qualität – Staub und Schimmel können ebenfalls schnell die Freude am servierten Heuhaufen nehmen. Um solche Risiken zu minimieren, hilft nur eines: Unterkünfte im Vorfeld sehr genau inspizieren und zur Not auch eigenes Futter deponieren.

Alternativ kann man auch »Urlaub mit Pferd« machen und von einem festen Domizil aus wandernd die Gegend erkunden. Dies ist mittlerweile unsere bevorzugte Variante. Die Möglichkeit, Gepäck in der Unterkunft zu deponieren und nur mit kleinem Tagesrucksack zu wandern, ist äußerst angenehm; zudem entfällt das Risiko, dass es unterwegs überraschend doch nicht klappt mit einer der gebuchten Schlaftstätten. Leider sind Ställe nicht immer zuverlässig, wenn man eine Übernachtung vereinbart hatte – und ungeplant lange Umwege zu laufen, weil man vor Ort feststellt, dass entgegen der Zusage nun doch kein Plätzchen frei ist, will man dem Senior natürlich nicht zumuten. Ganz allgemein versuche ich daher, im Vorfeld möglichst gut zu planen. Spontan mit Pferd eine Unterkunft zu suchen, war übrigens noch nie meine Welt; mit einem älterem Pferd halte ich es für fahrlässig, nicht sicherzustellen, dass es bestens untergebracht ist.

Was hier vielleicht etwas negativ rüberkommt, soll nicht abschrecken: Es gibt wunderbare Ställe und wir hatten in der Vergangenheit meist tolle Unterkünfte, die wir absolut perfekt fanden. Aber es hilft sehr, zu wissen, worauf man achten muss, um vor bösen Überraschungen sicher zu sein.

Wie die Unterkunft aussieht, ob Box oder Paddock oder ein Stückchen Koppel mit Wanderreitzaun, hängt natürlich ganz davon ab, was das Pferd kennt und welche Bedürfnisse es hat. Ohne Unterstand im Regen übernachten sollte allerdings kein Pferd.

Wasser

An heißen Tagen haben wir auf längeren Touren grundsätzlich Wasser für die Pferde dabei! Immer wieder hört man, dies sei überflüssig, wir haben aber beste Erfahrungen damit gemacht, eine Notreserve mitzuführen. In faltbaren Kanistern sind schnell 10 Liter verstaut – ein Gewicht, das Pico in seinen Packtaschen kaum merkt und wirklich problemlos trägt und das in jedem Fall reicht, den schlimmsten Durst zu stillen. Die mitgeführten Kanister können außerdem wunderbar an Bächen oder Dorfbrunnen aufgefüllt werden, um für die nächste Etappe gerüstet zu sein. Nicht immer hat man den Luxus wie auf dem Bild unten, wo Pico in vollen Zügen aus dem Dorfbrunnen trinkt.

Dorfbrunnen Brunntal

Gepäck

Prinzipiell sollte das Gepäck natürlich so leicht wie möglich gehalten werden und der Leistungsfähigkeit des Pferdes mit deutlicher Pufferzone angepasst sein. Je weniger das ältere Pferd tragen muss, umso besser! Junge Pferde und natürlich auch der Mensch werden zunehmend immer mehr Gepäck übernehmen und das ältere Pferd so entlasten.

Wenn man gut plant, wird man feststellen, dass man mit erstaunlich leichtem Gepäck unterwegs sein kann. Reiter- und Sattelgewicht entfallen ja schonmal und so »spart« man im Gegensatz zu Wanderritten bereits jede Menge Gewicht!

Die im Handel erhältlichen Packtaschen und Rucksäcke für Pferde sind oft recht leicht und handlich – wichtig ist, dass sie gut passen und bei Bedarf eine geeignete Unterlage verwendet wird. Auch voll bepackt und in der Bewegung darf nichts drücken, scheuern oder ins Rutschen kommen. Oft empfiehlt sich daher die Verwendung eines Hinterzeugs, vor allem, wenn man viel bergab läuft.

Darauf achten sollte man auch, dass das Gepäck nicht zu voluminös wird: Wenn man dauernd im Gestrüpp am Wegesrand hängen bleibt und nicht mehr durch Engpässe kommt, wird es anstrengend für alle Beteiligten. Etwas ungeübtere Pferde können bereits irritiert sein, wenn hohes Gras oder Äste geräuschvoll an den Taschen entlangstreifen. Erst recht beängstigend ist es natürlich, wenn das Pferd mit dem Gepäck irgendwo einhakt. Das Tragen von Packtaschen sollte daher auf kleinen Etappen gut geübt werden. Auch wenn der Senior prinzipiell natürlich ein alter und erfahrener Hase ist, kann es für ihn doch eine ganz neue Erfahrung sein, reiterlos Gepäck zu tragen.

Wetter

Pico ist ein Naturbursche durch und durch und macht es mir hier sehr einfach: Egal, wie das Wetter ist, er hat damit keine Probleme. Er verfügt über eine hervorragende Thermoregulation, kommt noch problemlos durch den Fellwechsel und hat gesundes, dichtes Fell. Seine Komfortzone ist riesig: Bei -20 °C fühlt er sich offenbar genauso wohl, wie bei 35 °C. Freiwillig hält er sich auch bei eisigen Temperaturen oder strömendem Regen draußen auf. Und selbst, wenn er aussieht wie ein begossener Pudel und man das Gefühl hat, er ist durchgeweicht bis auf die Knochen: Teilt man mit den Händen das Fell, ist unter der obersten Schicht alles mollig warm und trocken. Bei großer Hitze schwitzt er manchmal etwas zwischen den Hinterschenkeln, aber er hat zum Glück nie Kreislaufprobleme und ist auch bei hochsommerlichen Temperaturen erstaunlich bewegungsfreudig.

Trotzdem passe ich unsere Wanderungen natürlich dem Wetter an – im Sommer geht es bevorzugt in den kühleren Abendstunden nach draußen, wir wählen schattige Wege und luftige Anhöhen und vermeiden größere Steigungen oder allzu lange Ausflüge. Trinkpausen sind – wie oben beschrieben – essentiell. Bei kalten Temperaturen hingegen ist mir ein besonders schonendes Aufwärmen wichtig und natürlich vermeiden wir, dass die Pferde bei Wind und Wetter ins Schwitzen kommen.

Niederschläge sind trotz aller Robustheit der Pferde ein großes Thema, denn rutschige und matschige Untergründe oder durch lange Trockenheit steinhart gewordene, rissige Böden können beim Wandern den Bewegungsapparat stark belasten. Wege sollte man daher sorgfältig wählen und es ist nicht verkehrt, in unbekanntem Terrain auch mal Strecken vorher abzufahren, um zu sehen, was einen erwartet.

Hufe

Pico hat prima Hufe, läuft seit Jahren barhuf und bräuchte eigentlich keinen Hufschutz. Wie oben beschrieben, neigt er aufgrund des Spat-Befundes aber dazu, die Hinterbeine nicht so aktiv zu heben und schleift sich dadurch immer wieder die Zehen leicht an. Das Schlurfen ist nicht stark und tritt derzeit auch nur auf asphaltierten Wegen auf, dennoch ist es da und wir haben uns zur Schonung der Hufe für das Tragen von Hufschuhen entschieden. Stoßdämpfende Einlagen, sog. Dampening Pads, entlasten zudem die Gelenke. Wichtig ist, dass die Zehenrichtung dem Bewegungsablauf entspricht und die Schuhe perfekt passen – ansonsten sind Probleme vorprogrammiert.

Nun ist das Symptom der abgeschliffenen Zehen beseitigt, weiterhin gilt es aber den Punkt zu erkennen, an dem manche Wegstrecken schwierig für Pico werden. In unserem sanften Hügelland gibt es momentan weder gemäß tierärztlicher Empfehlung noch aufgrund unserer eigenen Beobachtungen irgendwelche Einschränkungen – aber natürlich vermeiden wir Hindernisse, die ein starkes Heben der Hinterbeine erzwingen würden.

Die grundlegende Entscheidung, ob man barhuf, mit Hufschuhen oder auch einem Beschlag unterwegs ist, sollte man in jedem Fall individuell und ohne Vorurteile einzig zum Wohl des Pferdes treffen. Ein kategorisches Ablehnen einer Variante ist meiner Meinung nach eigentlich immer kritisch zu sehen – je nach Anatomie, Bewegungsablauf, Erkrankungen, Haltungsbedingungen und Gelände können ganz unterschiedliche Anforderungen bestehen. Wer unvoreingenommen und gut informiert an die Sache rangeht, wird hoffentlich die beste Lösung finden.

Mentales Training

Pico, in jungen Jahren ein ungestümer, leicht erregbarer Hitzkopf und manchmal auch ein echter Hasenfuß, ist mit zunehmendem Alter immer gelassener geworden. Je mehr er kennengelernt hat, umso größer wurde seine Souveränität – und bis heute ist er sehr lernfähig und offen für Neues. Das ist allerdings keine Selbstverständlichkeit: Viele Pferde tun sich mit zunehmendem Alter immer schwerer, sich auf ungewohnte Situationen einzustellen und sind dann schnell überfordert. In vertrauter, sicherer Umgebung kann man allerdings vieles sachte üben und das ältere Pferd mental stärken. Für Pico besonders schön ist natürlich, dass auf unseren Wanderungen immer sein bester Freund Monty mit von der Partie ist: Die beiden sind ein perfekt eingespieltes Team und meistern gemeinsam seit vielen Jahren alle Abenteuer.

Unfallverhütung

Überforderungen zu vermeiden ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, um risikoarm zu wandern. Wenn das Pferd müde oder unkonzentriert wird, Schmerzen hat oder nervös ist, läuft es schnell Gefahr, einen falschen Tritt zu tun.

Rutscht ein junges Pferd weg, hat die jungendliche, sportlich durchtrainierte Muskulatur eventuell noch eine Chance, einen Sturz abzufangen – für das ältere Pferd, etwas langsamer und müder in seinen Reaktionen oder ein bisschen steif und ungelenk, besteht dagegen ein erhöhtes Risiko, sich durch unkontrollierte und ruckartige Bewegungen schwer zu verletzen. Wundheilung und Regenerationsphasen können schließlich lange Zeit in Anspruch nehmen und krankheitsbedingte Stehphasen belasten Herz-Kreislaufsystem, Verdauungsorgane, Atemwege, Bewegungsapparat und Psyche gleichermaßen

Mit viel Weitblick gilt es daher, potentiell gefährliche Situationen zu erkennen und entschärfen. Und wie auch beim Ausreiten gilt: Das schwächste Glied der Kette bestimmt Tempo und Strecke!

Gegenseitiges Vertrauen hilft enorm, auch kritische Situationen zu meistern und entspannt zu wandern. Im Idealfall ist man mit dem Senior-Pferd ein seit vielen Jahren eingespieltes Team und kann sich gut aufeinenander verlassen.

Beweisen muss man sich definitiv nichts mehr! Wir freuen uns zwar sehr, dass wir mit Pico noch so viel Schönes unternehmen können, letztlich zählt aber nur, dass er glücklich und gesund ist. Sehr bewusst habe ich daher auch diese Website ins Leben gerufen, um zu zeigen, dass es keine spektakulären Ziele oder extreme Touren braucht, um tolle Dinge miteinander zu erleben!